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Offener Brief an Herrn Sebastian Kurz, den OSZE Vorsitzenden und Bundesminister für Europa, Integrat

Sehr geehrter Herr Minister!

Wir wenden uns an Sie nicht nur als an den österreichischen Chef-Diplomaten und Vorsitzenden der OSZE, sondern auch als einen überzeugten und erwiesenen Demokraten und Verfechter der europäischen Standards und Werte, einen pragmatischen Politiker, der bei den jungen Menschen ein hohes Ansehen hat, und der ein besonders Interesse und Gespür für Probleme der Westbalkan-Staaten gezeigt und sie als Priorität der österreichischen Außenpolitik hervorgehoben hat. Besondere Entschlossenheit zeigten Sie unlängst durch Ihre Kritik an den Verfassungsänderungen in der Türkei und mit Ihrer Meinung, dass im Land dadurch ein autokratisches Regime und eine Diktatur installiert wird, für die es im freien und demokratischen Europa keinen Platz gibt. Deshalb erlauben wir uns, Sie persönlich und die ganze österreichische Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass in Serbien, das als chancenreichster Kandidat für eine zukünftige EU-Mitgliedschaft gilt, ein schlimmes, perfides, gefährliches und autokratisches Regime hergestellt wird. Sehr geehrter Herr Minister! Ihnen persönlich und der europäischen Öffentlichkeit ist bekannt, dass in Serbien vor fast einem Monat die Präsidentschaftswahlen stattgefunden haben, bei der der aktuelle Ministerpräsident Aleksandar Vučić mit 55 Prozent der abgegebenen Stimmen gewonnen hat. Sowohl Sie als auch Herr Bundeskanzler Kern haben ihm am gleichen Tag dazu gratuliert, wodurch Sie Ihre enge und freundschaftliche Beziehung zu ihm bestätigt haben, die er nicht selten besonders hervorhebt. Die Frage lautet aber, ob Sie und die österreichische Öffentlichkeit auch darüber Bescheid wissen, unter welchen Rahmenbedingungen und Umständen dieser „historische Sieg“ errungen wurde, und in welche verhängnisvolle Richtung sich Serbien bewegt. Herr Vučić gaukelt Ihnen und ganz Europa vor, dass er sich den demokratischen und europäischen Werten verbunden fühlt, und verschleiert absichtlich die Wahrheit, damit es zur Eröffnung der neuen Kapitel in den Verhandlungen über den EU-Beitritt kommen kann. Gleichzeitig baut dieser Mann in Serbien ein brutal absolutistisches Regime weiter aus. Serbien ist heute sicher kein demokratischer Rechtstaat, was auch die Präsidentschaftswahlen bewiesen haben. Die Umstände und die Art ihrer Durchführung haben das Land in die finsteren 90-er Jahre zurückgeworfen und sogar Slobodan Miloševićs Treiben übertroffen. Serbien hat eine beispiellose Medienhysterie erlebt, die die aktuelle Regierung im Wahlkampf in den einflussreichsten Medien, Fernsehen und Tageszeitungen organisiert und diese in Wahlhelfermaschinen verwandelt hat. Die Wähler wurden eingeschüchtert und telefonisch und persönlich unter Druck gesetzt. Sie wurden mit dem Jobverlust bedroht, falls sie sich nicht persönlich für die Vermehrung der Wählerstimmen einsetzen würden. Alle, die ihren Arbeitsplatz behalten oder einen Job bekommen wollten, mussten noch mindestens 20 Stimmen für Vučić sichern. Das können viele Menschen bezeugen, die am Wahltag verfolgt und erpresst wurden, und die man gezwungen hat, in ein paar Stunden die versprochenen Wähler zu organisieren und dadurch ihre Pflicht zu erfüllen. Sie wurden vor den Wahllokalen von Aktivisten der herrschenden Serbischen Fortschrittlichen Partei (SNS) erwartet und diskret unter Druck gesetzt. Die Kandidaten der Opposition sind zu Opfern einer medialen Hexenjagd geworden und wurden als Kriminelle, Rauschgifthändler und sogar Mörder desavouiert. Serbien befindet sich heute in medialer Finsternis, in der nur eine Gestalt immer grell beleuchtet wird – Aleksandar Vučić. Sehr geehrter Herr Minister! Sie und die ganze österreichische und europäische Öffentlichkeit sollen erfahren, was heute in Serbien tatsächlich los ist. Nein, es handelt sich nicht um einen Staat der Prosperität mit dem am schnellsten wachsenden BIP in Europa, wie das der neugewählte Staatspräsident, aktuell noch Ministerpräsident und Parteivorsitzender der Serbischen Fortschrittspartei (SNS), behauptet. Serbien ist ein perspektiven- und hoffnungsloses Land, das jedes Jahr zehntausende junge und gut ausgebildete Menschen verlassen. Es ist ein Land, in dem man keine Chancen hat, wenn man kein Mitglied von Vučićs Partei ist. Für den sterblichen Bürger existiert in Serbien kein Rechtssytem, weil es im Dienste von Kriminellen steht, gegen die keine Verfahren eingeleitet werden und die man trotz belastender Dossiers immer wieder frei lässt, damit sie sich weiterhin an der systematischen Zerstörung des Staates in Ruhe beteiligen können. Serbien ist ein Land der leeren Versprechungen und der verzweifelten manipulierten Menschen. Serbien ist ein Land, in dem maskierte Truppen über Nacht Gebäude abreißen. Serbien ist ein Land, in dem hilfesuchende Menschen von der Polizei im Stich gelassen werden. Serbien ist der Staat, dessen aktueller Staatspräsident Tomislav Nikolić, der Bürgermeister von Belgrad Siniša Mali und der Inneminister Nebojša Stefanović gefälschte Universitätsdiplome haben. Dafür gibt es Beweise. Solche Machenschaften entwerten echte Diplome junger und gut ausgebildeter Menschen vollkommen. Serbien befindet sich definitiv in den Händen eines deklarierten Autokraten, der über absolut alles entscheidet. Unser Land ist zum Eigentum eines neuen, rücksichtslosen, versteckten Diktators geworden, der durch diese Wahl und den Ämtertausch versucht, seine Herrschaft für die nächsten zehn Jahre zu sichern, mit seinen Gegnern abzurechnen und sie endgültig zu vernichten. Wird das die freie Welt erlauben? Es geht also nicht nur um Proteste gegen das Wahlergebnis. Die jungen Menschen sind gegen alles, was oben angeführt wurde, aufgestanden. Verzweifelte und entrechtete serbische Bürger begehren gegen ihr, von priviligierten Mitgliedern der Serbischen Fortschrittspartei (SNS) mißbrauchtes Land, auf. Es ist ein Aufstand junger Menschen im Gange, deren Diplome nicht gefälscht sind. Die Proteste sind spontan und werden von niemandem gesteuert. Auf den Straßen ist die Jugend Serbiens, sein Wissen und seine Zukunft. Das sind keine bezahlten Demonstranten und Staatsfeinde, wie der Diktator Aleksandar Vučić sein protestierendes Volk und die Menschen, die nicht wie er denken, nennt. Sehr geehrter Herr Minister! Wir sind der Meinung, dass es sich hier nicht um eine innere Angelegenheit Serbiens handelt und dass weder Sie persönlich, noch die EU, noch die OSZE gegenüber den Diktatoren und Autokraten doppelte Kriterien anwenden. Wir wünschen uns, dass die österreichische und europäische Öffentlichkeit endlich erfahren, dass es auch ein anderes Serbien gibt, das sich von jenem phantastischen Land, über das Aleksandar Vučić berichtet, drastisch unterscheidet. Dieses Serbien steht heute auf der Straße und ist sich dessen bewusst, dass es einen Kampf gegen Goliath führt, glaubt aber fest an seinen Sieg. Auf der Seite dieses Serbiens stehen junge Menschen und die Wahrheit. Und sie ist die stärkste Kraft und lässt dieses Serbien siegen. Wir hoffen, dass Sie unseren Brief ernst nehmen und persönlich in irgendeiner Form dazu Stellung nehmen. Hochachtungsvoll.

Bürger Wiens


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